Anfang der 90-iger Jahre steigt VW werksmäßig
wieder in den Rallyesport ein. Gegenpol zur Turbofraktion
soll das von VW forcierte Aufladungssystem mit G-Lader sein,
als Fahrzeugbasis soll der Golf 2 herhalten. Nachdem man mit
dem Polo G40-Motor (seit 1986) bereits gute Erfahrungen gemacht
hat, folgte nun (1988/1989) die etwas größere Variante
als G60-Motor. Motorblock und Zylinderkopf entsprechen im
grundsätzlichen Aufbau dem seit 1984 gebauten Golf 2
GTI-Motor mit 112 PS.
Die Bohrung beträgt 81 mm, der Hub 86,4
mm, die Ventilgrößen einlassseitig 40 mm und auslassseitig
33,15 mm. Der Ventilspielausgleich erfolgt über Hydrostößel.
Die Kolben sind natürlich geändert, robuster ausgeführt
und in der Verdichtung abgesenkt auf 8,0:1. Bei den Pleueln
griff man wieder auf die „schweren“ und robusten
Teile des Golf 1 GTI zurück, allerdings an die 1,8 L
Kurbelwelle angepasst.
Im G60-Motor steigt dann die Leistung durch Aufladung auf
160 PS an. Neben dem bereits erwähnten Rallyegolf führte
man das Triebwerk in weitere Modelle des VAG-Konzerns ein:
Anfangs im VW Corrado, dann im Golf GTI G60 und auch im Passat
Synchro. In diesen Modellen hatte der Motor die Bezeichnung
PG und zeigt geringe, aber doch erwähnenswerte Unterschiede
zum 1H-Motor des Rallyegolfs. Bei Umbauten oder Tuning sollte
dies unbedingt bedacht werden.
Unterschied Motor 1H zu Motor PG
Als die Entscheidung für den Rallyeeinsatz festliegt
und 5000 Rallyegolfs für die Homologation ausgeliefert
werden müssen, hat Volkswagen das Problem, dass die Fahrzeugeinstufung
durch den Turbofaktor von 1,7 ungünstig liegt. Der Hubraum
hat nach Berechnung exakt 1781 ccm, ergibt mit Turbofaktor
multipliziert einen „fiktiven“ Hubraum von 3027,7
ccm. Um in der Klasse bis 3000 ccm starten zu können,
ist folglich eine kleine Hubraumreduktion von Nöten.
Aus diesem Grund besitzt der 1 H Motor (nur im Rallyegolf)
Kolben mit einem Nenndurchmesser von 80,60 mm und einem Bohrungsdurchmesser
von 80,63 mm. Ergo ergibt sich als Hubraum 1764,64 ccm und
als „fiktiver“ Hubraum 2999,9 ccm – an dieser
Stelle Hut ab vor den VW Renningenieuren – extremer
und präziser geht Tuning an dieser Stelle nicht mehr.
Neben anderer Block-/Kolbendurchmesser wurden dem 1H-Motor
auch stärkere Zylinderkopfschrauben mit Gewinde M12x1,5
spendiert (PG nur M11x1,5), sodass Zylinderköpfe und
Motorblöcke zwischen 1H und PG nicht ohne Anpassung getauscht
werden können.
Unterschiede Rallyegolf – normaler
Golf 2 GTI, G60
Optisch unterscheidet sich der Rallyegolf deutlich vom normalen
Golf 2 bzw. auch vom normalen Golf G60. So sind die vorderen
Kotflügel und die hinteren Radhäuser leicht kastenförmig
ausgestellt und verleihen dem Fahrzeug eine bullige und breitere
Optik. Auch Schweller und Front (eckige Doppelscheinwerfer)
sind gegenüber dem normalen Golf 2 GTI verändert.
Für den Antriebsstrang wurde wieder auf altbewährtes
zurückgegriffen. 02A/02J-Getriebe (Seilzuggetriebe),
Winkelgetriebe, Kardanwelle und Hinterachsgetriebe stammen
aus der Serie und sind unter anderem im Passat Synchro verbaut.
Renneinsätze des Rallyegolfs
Anfangs plante man sicher größeres, wohl auch
internationale Werkseinsätze, aber letztlich reduzierte
sich die Rallyekarriere des Rallyegolfs auf das Jahr 1991.
Hier hatte man mit Erwin Weber als Fahrer und Manfred Hiemer
als Copilot ein international erfahrenes Team, das mit dem
Rallyegolf hervorragend harmonierte. Das ganze Jahr über
gab es in der deutschen Rallyemeisterschaft (DRM) einen offenen
Schlagabtausch mit Ronald Holzer im Mitsubishi Galant VR4.
Letztlich konnten Weber/Hiemer die Meisterschaft für
sich entscheiden und den Rallyegolf als erfolgreiches Projekt
in Erinnerung behalten lassen.
Kleine Note am Rande: Zur Abschlussveranstaltung der 3-Städte-Rallye
1991 war VW mit 3 Werkswagen, alle in der typischen VW-Werkslackierung
Weiß/VW-Blau angetreten. Einen der 3 Wagen pilotierte
damals ein aufstrebender österreichischer Nachwuchsmann:
Raimund (Mundl) Baumschlager. Er sollte dann über Jahrzehnte
die internationale österreichische Rallyemeisterschaft
(ÖRM) dominieren.
(Bildquelle VW Motorsport: Rallyelegendveranstaltung 2014
mit Depping/Schön)
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